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Der einsame Tod des Alexej Nawalny

NEW YORK – Als der Kremlkritiker Alexej Nawalny im Jahr 2013 wegen fingierter Vorwürfe vor Gericht stand, erinnerte ich mich, wie mein Urgroßvater, der Sowjetchef Nikita Chruschtschow, Russland einmal mit einem Bottich voll Teig verglichen hat. „Man steckt seine Hand hinein, bis auf den Boden,“ und „wenn man die Hand herauszieht, bleibt erst ein kleines Loch.“ Aber dann „vor deinen Augen“, kehrt der Teig in seinen ursprünglichen Zustand zurück – eine „schwammigen, aufgequollene Masse.“ Nawalnys Tod in einer entlegenen arktischen Strafkolonie mehr als zehn Jahre später beweist, wie wenig sich geändert hat.

Das Gefängnis, in dem Nawalny starb, ist für seine Brutalität bekannt. Ein auch „Polarwolf“ genannter eiskalter Gulag für Gewaltverbrecher. Aber Nawalny, ein Anwalt, Antikorruptionsaktivist und Blogger, war nicht gewalttätig. 2013 wehrte er sich gegen erfundene Veruntreuungsvorwürfe und die Verurteilungen, die ihn 2021 schließlich ins Lager Polarwolf brachten, betrafen Verstöße gegen Bewährungsauflagen, Betrug und Missachtung des Gerichts. In der Haft wurde er später wegen weiterer ausgedachter Vergehen verurteilt, unter anderem die Anstiftung zu Extremismus.

Nawalnys wahres Vergehen war es natürlich, Präsident Wladimir Putin herausgefordert zu haben. Er hatte zu Protesten gegen die manipulierte Parlamentswahlen von 2011 aufgerufen, die Korruption der russischen Eliten aufgedeckt und (in einer Präsidentschaftswahl, von der ihn die Behörden ausschlossen) versucht, Putin vom Thron zu stoßen. Fast zwanzig Jahre lang kämpfte er unermüdlich gegen Putin und dessen inneren Kreis. Die vielen Gerichtsverfahren gegen ihn waren Schauprozesse im Stile Stalins; sie sollten die Illusion eines Rechtsstaats erzeugen und einen prominenten Kritiker von den Wahlzetteln und Fernsehschirmen fernhalten. Aber während in der Stalinzeit die Todesstrafe (und die Gulags) tausendfach zum Einsatz kamen, konnte keine Anklage gegen Nawalny, egal wie aufgeblasen sie auch sein mochte, ein solches Urteil rechtfertigen – zumindest nicht offiziell.

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