sheng144_GREG BAKERAFP via Getty Images_china energy GREG BAKERAFP via Getty Images

Chinas Energie-Dilemma

HONGKONG – Wie die Kriege in der Ukraine und in Gaza zeigen, sind Energiemärkte überaus anfällig gegenüber geopolitischen Entwicklungen. Gleichzeitig ist Energie die wichtigste Triebkraft des globalen geopolitischen Wettbewerbs – ein Aspekt, den Helen Thompson von der Universität Cambridge schon oft hervorgehoben hat. Die Rivalität zwischen den Vereinigten Staaten und China bildet in dieser Hinsicht keine Ausnahme.

In den Vordergrund rückte der Zusammenhang zwischen Energie und Geopolitik während der industriellen Revolution. Die westlichen Länder machten sich Wind-, Kohle- und Dampfkraft zunutze, um ihre Produktivität sprunghaft zu steigern und einen nie dagewesenen Wohlstand zu erreichen, während sie gleichzeitig ferne Länder kolonisierten und sich deren Ressourcen aneigneten. Durch die Kontrolle über Energie konnte der Westen seine wirtschaftliche, politische, militärische und wissenschaftliche Vorherrschaft gegenüber der übrigen Welt festigen.

Seither läuft der geopolitische Wettbewerb im Wesentlichen auf einen Kampf um Humankapital und natürliche Ressourcen - insbesondere Energieressourcen - hinaus. Für Deutschland und Japan ging es im Zweiten Weltkrieg teilweise um die Sicherung lebenswichtiger Ölressourcen in Südosteuropa beziehungsweise Südostasien. Eine Reihe anderer Konflikte - von den beiden Golfkriegen bis zum aktuellen Krieg Russlands gegen die Ukraine - können im weiteren Sinne als Energiekriege bezeichnet werden.

https://prosyn.org/PTcdEjDde